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Dass die Anwendung des Verhältnismässigkeitsprinzips in der Praxis seine Tücken hat, zeigt ein neueren Urteil des Bundesgerichts eindrücklich auf. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Nachdem ihre Tochter durch eine Ärztin fürsorgerisch untergebracht wurde, erhob die Mutter eine Beschwerde an die erste kantonale Beschwerdeinstanz. Die Beschwerde begründete sie damit, die FU sei nicht nötig, wenn eine Person überzeugt werden könne, sich freiwillig zur Behandlung in die Klinik zu begeben. Die Zweckmässigkeit des Klinikaufenthaltes stellte die Mutter demgegenüber nicht in Frage.

Daraufhin trat die erste kantonale Beschwerdeinstanz nicht auf die Beschwerde ein. Dies begründete das Gericht wie folgt: Beschwerdeweise werde vorgebracht, dass sich die Betroffene freiwillig in die Klinik begeben hätte und die Voraussetzung der Unfreiwilligkeit nicht gegeben sei. Indes dürfe eine Person fürsorgerisch untergebracht werden, wenn die in Art. 426 ZGB genannten Voraussetzungen gegeben seien, was vorliegend zutreffe. Der ärztliche Unterbringungsentscheid entspreche diesen materiellen und im Übrigen auch allen formellen Erfordernissen. Ohnehin aber mangle es der Beschwerdeführerin an einer Beschwer, da sie das Vorliegen der materiellen Voraussetzungen für eine Unterbringung nicht bestreite.  

Dass diese Begründung nicht tragfähig sein kann, hielt das Bundesgericht zu Recht fest: Das Gericht habe die Fragestellung „konstruktiv missverstanden“, indem es erwogen habe, soweit die Voraussetzungen gemäss Art. 426 ZGB vorlägen, sei alles rechtmässig. Das eigentliche Beschwerdethema (Anmerkung: Die Erforderlichkeit der FU) wurde damit bewusst umgangen und die aufgeworfene Rechtsfrage gerade nicht beantwortet. 

In der Sache hat das Bundesgericht die Beschwerde gutgeheissen und die Angelegenheit an die zweite kantonalen Beschwerdeinstanz zurückgewiesen (welche ursprünglich mit der Begründung, die betroffene Person sei in der Zwischenzeit aus der Einrichtung entlassen worden, nicht auf die Beschwerde eingetreten war).