In einem neueren Urteil musste sich das Bundesgericht mit der Finanzierung von behördlichen Kindesschutzmassnahmen beschäftigen. Dem Urteil lag folgender Sachverhalt zu Grunde: Am 4. Oktober 2018 trat eine Mutter mit ihren zwei Söhnen (welche aufgrund eines Eheschutzurteils in ihrer Obhut standen) in ein Frauenhaus ein. Mit superprovisorischer Verfügung vom 30. November 2018 entzog die KEB dem Vater das Aufenthaltsbestimmungsrecht über die Söhne und platzierte diese in ein Kinderheim. Im Rahmen vorsorglicher Massnahmen bestätigte die KESB am 12. Dezember 2018 diese Anordnung. Zusätzlich entzog sie auch der Mutter das Aufenthaltsbestimmungsrecht und ordnete weiter eine ambulante Begutachtung der Kinder an. Am 19. November 2019 erfolgte schliesslich der «definitive» Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrecht.
Bereits zuvor, am 1. April 2019, verlegte die Mutter ihre Wohnsitz vom Kanton St. Gallen in den Kanton Thurgau. Die Kantone Sankt Gallen und Thurgau waren sich deshalb uneinig, welcher Kanton – über die Sozialhilfe – ab dem Umzug der Mutter (1. April 2019) subsidiär die Kosten für die Kindesschutzmassnahmen übernehmen muss.
Dafür ist Art. 7 ZUG einschlägig, welcher die interkantonale Zuständigkeit wie folgt regelt: Das minderjährige Kind teilt, unabhängig von seinem Aufenthaltsort, den Unterstützungswohnsitz der Eltern (Abs. 1). Wenn die Eltern keinen gemeinsamen zivilrechtlichen Wohnsitz haben, hat es einen eigenständigen Unterstützungswohnsitz am Wohnsitz des Elternteils, bei dem es überwiegend wohnt (Abs. 2). Es hat sodann u.a. einen eigenen Unterstützungswohnsitz am letzten Unterstützungswohnsitz nach den Abs. 1 und 2, wenn es dauernd nicht bei den Eltern oder einem Elternteil wohnt (Abs. 3 lit. c).
Massgebend war mithin die Frage, ob die Kinder am 1. April 2019 im Sinne von Art. 7 Abs. 3 lit. c ZUG dauernd nicht bei den Eltern/einem Elternteil wohnten. Bejahendenfalls wäre der Kanton St. Gallen für die Sozialhilfe zuständig gewesen. Verneinendenfalls der Kanton Thurgau.
Dazu bestätigte das Bundesgericht seine diesbezügliche Rechtsprechung (diese soll vorliegend nicht wiedergegeben werden). Das Gericht rief weiter in Erinnerung, für die Frage der Dauerhaftigkeit einer als Kindesschutzmassnahme auf unbestimmte Zeit angeordneten Fremdplatzierung sei einzig entscheidend, ob bei deren Beginn bereits von Dauerhaftigkeit auszugehen oder ob nur eine vorübergehende Lösung beabsichtigt war.
Für die Praxis wichtig ist die Feststellung des Gerichtes, wonach Dauerhaftigkeit der Fremdplatzierung auch vorliegend könne, wenn der Entzug des Aufenthaltsbestimmungsrecht superprovisorisch erfolgt sei: Dies, wenn keine weiteren Abklärungen notwendig waren. Umgekehrt gelte eine vorsorgliche Unterbringung jedoch nicht als dauerend, wenn für den «definitiven» Entscheid noch Abklärungen erforderlich seien. Dies war vorliegend – wie wohl regelmässig – der Fall: Die Kinder mussten ja vor dem «definitven» Entscheid begutachtet werden.
Damit lag nicht von Beginn der Fremdplatzierung weg eine «dauerhafte Massnahme» vor. Mit der Folge, dass die Kinder seit dem 1. April 2019 (Umzug der Mutter) ihren Unterstützungswohnsitz im Kanton Thurgau hatten.